Die Region Südwestfalen

Die Region Südwestfalen bildet den südlichen Teil Westfalens, der größtenteils durch die Mittelgebirge geprägt ist, aber auch die Tiefebene des Kreises Soest mit der Lippeaue umfasst. Fast 60 % der Fläche von insgesamt ca. 6200 km² sind bewaldet.

Naturpark / NaturErholung / Naturschätze Südwestfalen / Die Region Südwestfalen

Region Südwestfalen

Die fünf Kreise Soest, Hochsauerlandkreis, Märkischer Kreis, Kreis Olpe und Kreis Siegen-Wittgenstein haben sich 2006 um die Ausrichtung des NRW- Strukturförderprogrammes Regionale 2013 erfolgreich beworben und treten seitdem gemeinsam unter dem Namen Südwestfalen auf. Die Regionale 2013 Südwestfalen wurde von der Südwestfalen Agentur gesteuert, die zentraler Ansprechpartner für die Regionale war.

Klima - Milde Winter und kühle Sommer

Tiefland und Mittelgebirge - ganz unterschiedliche Regionen: Südwestfalen liegt in einem Bereich, der klimatisch stark vom Meer beeinflusst wird (atlantisches Klima). Der Einfluss des Meeres entsteht durch die ausgleichende Wirkung der Wassermassen der Meere auf die Lufttemperatur. Die Winter in den atlantisch geprägten Klimazonen sind in der Regel mild und die Sommer meist kühl. Je weiter das Land vom Meer entfernt liegt, desto geringer ist dieser Meereseinfluss. Dann spricht man von kontinental geprägtem Klima. Gelegentlich setzt sich in Südwestfalen ein kontinentaler Einfluss mit längeren Phasen hohen Luftdrucks durch. Das führt im Sommer bei sommerlichem Wetter zu hohen Temperaturen, im Winter sind kontinentale Einflüsse oft mit Kälteperioden verbunden.

Temperatur, Wind und Niederschläge sind – neben globalen Einflüssen – in starkem Maße auch von Relief und Höhenlage abhängig. Das zeigt sich besonders in Südwestfalen. Die nördlichen, flachen Bereiche in den Niederungen der Lippeaue und am Haarstrang unterscheiden sich von der Witterung her erheblich von den Hochlagen des Berglandes.

Mittlere Jahrestemperatur: Während die durchschnittliche mittlere Jahrestemperatur in den Niederungen der Westfälischen Bucht ca. 9 ° C beträgt, liegt dieser Wert in den Hochlagen von Sauer- und Siegerland nur zwischen 5 und 8 °C. Mit weniger als durchschnittlich 60 Frosttagen pro Jahr ist die Westfälische Bucht deutlich weniger vom Frost betroffen als die Höhenlagen. Fast ein Drittel aller Tage im Jahr sind in den Höhenlagen des Sauer- und Siegerlandes Frosttage (Lanuv NRW 2014).

Niederschläge: Umgekehrt verhält es sich mit den Niederschlägen. Die Niederschlagsmengen Südwestfalens nehmen mit der Höhe des Geländes zu, sie sind allerdings auch abhängig von der Exposition.
Da das Wetter Nordrhein-Westfalens vor allem von Wetterlagen aus West und Südwest bestimmt wird, fällt an den windzugewandten West- bzw. Südwesthängen der Gebirge (Luvlage) mehr Niederschlag. Die Wolken müssen hier aufsteigen und regnen ab. Demgegenüber fallen die Niederschlagsmengen an den windabgewandten Seiten (Leelage) des Kern- und Südsauerlandes wieder merklich ab. Das höhere Hochsauerland liegt wieder in Luvlage und weist entsprechend hohe Niederschlagsmengen von bis zu 1700 Millimeter pro Jahr auf.
Betrachtet man die Verteilung der Niederschlagsmengen über das Jahr fallen, insgesamt zwei Maxima auf, eines im Sommer (meist Juli) und ein zweites im Winter (meist Dezember). In den Höhenlagen des Südwestfälischen Berglandes tritt das Hauptmaximum in den Wintermonaten auf, während in den Niederungen die meisten Niederschläge im Sommer fallen, wenn die stärkere Sonneneinstrahlung vermehrt zu Gewittern und Regenschauern führt. In der Westfälischen Bucht fallen zwischen 600 und 1000 Millimeter Niederschlag pro Jahr.

Trends: Nur durch langjährige Messungen können Trends in der Entwicklung des Klimas aufgezeigt werden. Für Nordrhein-Westfalen liegen Daten seit 1901 vor. Innerhalb dieses Zeitraums wurde ein Anstieg der Jahresmitteltemperatur um 1,1 Grad festgestellt. Im Beobachtungszeitraum der vergangenen 108 Jahre haben auch die Niederschläge zugenommen und zwar um 13 Prozent gegenüber dem langjährigen Mittelwert. Dabei deutet sich die Tendenz an, dass es im Winter häufiger regnet und im Sommer eher seltener. Die Anzahl der Tage, an denen mehr als 20 Millimeter Niederschlag fallen (Starkregen), haben in den Jahren von 1950 bis 2008 ebenfalls zugenommen.

Geologie - Die Landschaften und ihre Entstehung

Die Landschaften und ihre Entstehung: Die heutigen Landschaften Südwestfalens sind das Ergebnis einer seit Jahrmillionen andauernden Entwicklung. Vorgänge tief im Erdinneren sind auch heute noch der Antrieb für Veränderungen der Erdkruste, die gleichsam auf dem heißen, zäh-plastischen Magma des Erdmantels schwimmt. Im Lauf der Zeitalter wurden ganze Landstriche gehoben und an anderer Stelle abgesenkt. Meere entstanden und verschwanden wieder.

Vor 400 Millionen Jahren - im Devon: Das Bergland Südwestfalens gehört zum Rheinischen Schiefergebirge und ist erdgeschichtlich sehr alt. Seine Gesteine stammen überwiegend aus Sedimenten, die vor 400 Millionen Jahren, also während des Devons, in einem Meer abgelagert wurden. Je nach Einzugsgebiet, Meerestiefe und Entfernung von der Küste bildeten sich unterschiedliche Ablagerungen, aus denen heutige Gesteine wie Sandstein (z.B. Grauwacke), Tonstein und Schiefer entstanden sind. Selbst Korallenriffe konnten sich in flacheren Meeresbereichen bilden und finden sich in heutigen Massenkalkgebieten wieder. Solche Massenkalkgebiete gibt es zum Beispiel in der Attendorn-Elsper Doppelmulde, der Iserlohner Kalksenke sowie im Bereich der Warsteiner und Briloner Hochfläche. In dem wasserlöslichen Gestein haben sich große Höhlen gebildet, die z.T. mit spektakulären Tropfsteingebilden aufwarten, wie die bekannte Attahöhle bei Attendorn.

Vor 360 Millionen Jahren - im Karbon: Im Karbon, war das Gebiet des Rheinischen Schiefergebirges noch Teil eines Meeres. In dieser Zeit wurden kalkhaltige Sedimente abgesetzt, die heute überwiegend am Nordrand des Rheinischen Schiefergebirges in einigen Bereichen in Form von Alaunschiefer, Kieselschiefer und Kieselkalken zutage treten.
Vor 300 Millionen Jahren kam es durch die Annäherung des südlichen Kontinents zu einer immer weiter gehenden Einengung des Meeres und damit zur Zusammenschiebung und teilweisen Faltung der Gesteine. Wo feinkörnige Gesteine unter hohen Druck gerieten, entstanden die in dünne Platten zerfallenden Schiefergesteine, die dem Gebirge seinen Namen gaben .
Im Bad Berleburger Raum wurde sogar Dachschiefer abgebaut. Die Kohleschichten des nördlich angrenzenden Ruhrgebiets wurden vor allem im Oberkarbon, also vor 290 Millionen Jahren, gebildet. In dieser Zeit gediehen in den Küstenbereichen ausgedehnte Sumpfwälder, die durch wiederkehrende Meeresvorstöße unter Sedimenten begraben wurden und schließlich zu Kohle versteinerten.

Vor 90 Millionen Jahren - die Kreidezeit: Vor 90 Millionen Jahren, zur Kreidezeit, waren große Teile des heutigen Kreises Soest immer noch von einem Meer bedeckt. In ihm lagerten sich sandige und schlammige Sedimente ab, die sich in Jahrmillionen zu Stein verfestigten. Es entstanden die heutigen Kalksteine, Mergelsteine und Kalksandsteine. In den Steinbrüchen des Kreises Soest kann man noch heute die Fossilien der damals im Meer lebenden Tiere finden.
In diese Kalksteine haben sich die nur zeitweise wasserführenden Täler, die so genannten Schleddentäler eingeschnitten. In Zeiten mit geringeren Niederschlägen fließt das Wasser hier unterirdisch im kluftigen Kalkstein. Nur im Winter oder bei starkem Regen führen die Schleddentäler oberirdisch Wasser.
Über die Schichten aus der Kreidezeit lagerten sich von Norden kommend wasserundurchlässige Schichten aus Emschermergel ab. Das von Süden kommende Wasser trifft hier auf diese wasserundurchlässigen Schichten und bildet einen Quellhorizont. Entlang dieser Linie haben sich schon in der Jungsteinzeit Siedlungsgebiete entwickelt und es entstand ein viel genutzter Handelsweg, der Hellweg.

Vor 65 Millionen Jahren bis vor 2,6 Millionen Jahren - das Tertiär: Gesteine aus der Tertiärzeit – die vor 65 Millionen Jahren begann und vor 2,6 Millionen Jahren endete - sind hierzulande kaum vertreten. Nur im heutigen Westerwald hat eine Schicht aus dünnflüssigem Basalt die tertiäre Landoberfläche bedeckt und damit vor der Abtragung geschützt. In der Tongrube "Auf dem Kreuz" bei Oberdresselndorf, die am Rand der Basaltdecke liegt, wird Kaolin (Porzellanerde) abgebaut. Dieses Material ist durch die starke Verwitterung im feucht-warmen Klima der Tertiärzeit entstanden.
An weniger stabilen Bereichen der Erdkruste entstanden im Laufe der Jahrmillionen immer wieder Schlote, durch die Magma bei vulkanischen Eruptionen an die Erdoberfläche befördert wurde. Zeugen eines untermeerischen Vulkanismus während des Devons sind die im Raum Kirchhundem auf großer Fläche zu Tage tretenden Vulkanite, die so einzigartige Felsbildungen wie die „Albaumer Klippen“ hervorgebracht haben. Auch die Bruchhauser Steine im Hochsauerlandkreis sind alte Vulkanite aus der Karbon-Zeit (vor 290 Millionen Jahren). Dagegen entstammt die Basaltkuppe des Großen Steins bei Burbach einem oberirdischen Vulkanismus im Jungtertiär (vor 5 bis 25 Millionen Jahren). Durch die vulkanischen Aktivitäten konnten auch mit Eisen und anderen Mineralien angereicherte Lösungen aufsteigen. Sie kristallisierten aus und bildeten stellenweise bis zu 20 Meter mächtige Eisensteinlager - die Grundlage für die Eisen- und Stahl-Industrie im südlichen Teil Südwestfalens.

Vor 2,6 Millionen Jahren - Beginn der Quartärzeit: Mit dem Beginn der Quartärzeit vor 2,6 Millionen Jahren kam es durch den Wechsel von Kaltzeiten und Warmzeiten zu großen klimatischen Veränderungen. Von Skandinavien ausgehend breiteten sich mehrfach Gletscher bis nach Südwestfalen aus. Die Südgrenze der Eisdecke befand sich in etwa auf Höhe des heutigen Möhnetals. Während der letzten Eiszeit blieben das Rheinische Schiefergebirge und Teile des nördlich angrenzenden Tieflandes aber vom Eis verschont. Die gering ausgeprägte Vegetationsdecke bot kaum Schutz, die freiliegenden Gesteins- und Schotterflächen waren der Witterung voll ausgesetzt. Aus den weitgehend vegetationslosen, nicht vereisten Gebieten wurde feiner Flugstaub über Hunderttausende von Jahren vom Wind weggetragen und in der Gegend der heutigen Hellwegbörden abgelagert. Die fruchtbaren Lössböden der Börden sind also ein Erbe der Eiszeiten.
Im Sommer taute der Dauerfrostboden nur oberflächlich auf. An Berghängen kam es zu Rutschungen. Die mit Steinen durchsetzten Böden im Bergland sind das Resultat davon. Das silikatische Ausgangsgestein des Rheinischen Schiefergebirges verwittert sauer und die Böden, die daraus entstehen, sind relativ nährstoffarm.
Im Gegensatz dazu bilden die Kalkgebiete im Bergland nährstoffreichere, klüftige Böden mit einem niedrigen Grundwasserstand aus. Der Boden ist trockener und leichter erwärmbar. Aufgrund ihres größeren Nährstoffreichtums wurden diese Gebiete viel früher besiedelt und wirtschaftlich genutzt. Die Kalkgebiete sind relative Wärmeinseln im Bergland, die bestimmten Tier- und Pflanzenarten ein Vorkommen außerhalb ihres geschlossenen Verbreitungsgebietes ermöglichen.

Die Vielfalt der Landschaften von der Westfälischen Bucht bis über die Mittelgebirge mit ihren unterschiedlichen Entstehungsgeschichten ist die Grundlage für den Reichtum an Lebensräumen und Tier- und Pflanzenarten in Südwestfalen.

Landschaftsgeschichte - Im stetigem Wandel durch den wirtschaftenden Menschen

Die Eiszeit: In der vorerst letzten Eiszeit zogen Herden von Rentieren, Pferden und Steppenwisenten umher, auch Mammut, Riesenhirsch, Wollnashorn und Löwe kamen vor. Neandertaler und später „moderne Menschen“ – unsere Vorfahren – lebten als Großwildjäger und Sammler. Vor etwa 13.400 Jahren stiegen die Temperaturen innerhalb weniger Jahrzehnte stetig an. Nach Jahrtausenden der Trockenheit gab es wieder Regenstürme und wilde Hochwasser, die mitunter den Lauf der Flüsse drastisch änderten. So brach die Lippe im Bereich der heutigen Ortschaft Benninghausen (Kreis Soest) nach Westen durch und wurde von einem Quellbach der Ems zum eigenen Fluss. Vor 11.700 Jahren war die Eiszeit endgültig vorbei.

Nach der Eiszeit: Es wurde wärmer und feuchter, Birken, Kiefern, Weiden und Pappeln breiteten sich aus, an einigen Stellen entwickelten sich Moore: Niedermoore in Senken am Fuß des Haarstrangs und kleine Hochmoore in Quellgebieten im Mittelgebirge. Weitere Baumarten wanderte ein: Hasel, Eiche, Ulme, Linde und Esche und es entstand ein lichter Laubwald aus vielen Gehölzarten. Viele Großtierarten waren zu Beginn des Holozäns verschwunden, wahrscheinlich sind sie durch Überjagung ausgestorben; andere Arten wie der Auerochse erfuhren einen Bestandsanstieg. Die Herden der Ure, Wisente, Wildpferde und Rothirsche dürften einen spürbaren Einfluss auf die Landschaft gehabt haben. Beweidung und Tritt schufen Freiflächen oder verzögerten den Baumwuchs etwa nach Waldbränden. So entstanden vor allem auf nährstoffreichen Böden vielfältige Mosaiklandschaften aus Grasfluren, dornigen Gebüschen und Hochwald. In den Bach- und Flusstälern wirkte der Biber als Landschaftsgestalter. Menschen hatten in dieser Zeit zwar alle Landschaftsräume Südwestfalens besiedelt, aber die Bevölkerungsdichte war gering. Feste Siedlungen gab es nicht, sondern wechselnde Jagdlager.

Der Mensch wird sesshaft: Dann begannen die Menschen, Feldfrüchte anzubauen und Nutztiere zu halten. Von Osten kommend erreichten sie um 5500 vor Christus (vor 7500 Jahren) schließlich auch Westfalen und ließen sich hier auf den fruchtbarsten Böden nieder. Schon die frühe Landwirtschaft hatte erhebliche Auswirkungen auf Natur und Lebensräume. Rodungen und Waldweide öffneten den Wald in der Umgebung der Dörfer immer weiter. Die landwirtschaftlichen Siedlungen bestanden meist nur einige Jahrzehnte, wurden dann aufgegeben und anderswo neu gegründet; neue Felder wurden gerodet, ältere Felder fielen brach. Dies bot manchen zuvor seltenen Pflanzen plötzlich neue Lebensräume. „Unkräuter“ breiteten sich aus. Zwei davon waren so häufig, dass sie schließlich mitgenutzt und zu Kulturpflanzen wurden, nämlich Roggen und Hafer. Die Rodungen veränderten den Wasserhaushalt der Bäche und Flüsse, weil landwirtschaftliche Flächen die Niederschläge nicht so gut speichern wie die Naturlandschaft. Außerdem wurde Boden von den Feldern abgespült und durch die Gewässers als Auenlehm in den Flusstälern abgelagert. Für die Winterfütterung des Viehs schnitten die Bauern im Sommer Laubheu, also belaubte Äste z.B. von Weiden, Eschen und Ulmen.

Etwa zeitgleich mit den Landwirten erschien eine neue Baumart: die Buche. Möglicherweise wurde sie unabsichtlich oder aktiv durch den Menschen verbreitet, auf jeden Fall aber durch die kulturelle Umgestaltung der Landschaft gefördert. Buchen sind sehr konkurrenzstark. Sie können im Schatten anderer Bäume schnell aufwachsen, überragen bald ihre Nachbarn und beschatten sie, was die meisten anderen Arten nicht verkraften. Auf diese Art verdrängte die Buche im Lauf der Zeit den artenreichen Laubmischwald von vielen Wuchsorten. Lediglich Sonderstandorte – etwa Schluchten, nährstoffarmer Sand oder nasse Böden – blieben für andere Waldgesellschaften übrig.

Die Landwirtschaft beschränkte sich in Westfalen zunächst auf das Flachland; das Mittelgebirge blieb bis auf die fruchtbaren und leicht zu bewirtschaftenden Massenkalkgebiete eine vom Menschen nur dünn besiedelte Wildnis.

Ein neuer Rohstoff - das Eisen: In den Jahrhunderten vor der Zeitenwende erlangte das Eisen zunehmend an Bedeutung. Erzsucher erschienen im Süderbergland. Die Erzverhüttung erforderte große Mengen an Holzkohle. Köhlereien betrieben intensive Stockausschlagwirtschaft, es entstanden ausgedehnte Niederwälder. Der Stockausschlag der Gehölze wurde immer wieder geerntet, was nur manche Arten überlebten. In der Folge wurden z.B. Buchen seltener und die weniger empfindlichen Hainbuchen und Eichen häufiger. Bereits für das Jahr 100 vor Christus gibt es Hinweise auf Holzmangel im Siegerland. Regional erlosch der Eisenhüttenbetrieb trotz reichlicher Erzvorkommen.

Erst jetzt erreichte die Landwirtschaft das Mittelgebirge in nennenswertem Umfang. Um das Jahr 1200 waren schließlich Sauerland, Siegerland und Wittgensteiner Land durchgehend bäuerlich besiedelt. Hier war jedoch die Ausdehnung landwirtschaftlicher Flächen nicht mit dem damaligen Zustand in der nördlich gelegenen Westfälischen Bucht zu vergleichen. Während im heutigen Kreis Soest im Mittelalter große Teile von Haarstrang und Börde bereits offenes Agrarland waren, dominierte im Süderbergland weiterhin der Wald. Äcker und Wiesen waren dort etwa im heutigen Umfang vertreten. Mittlerweile waren in den Auen von Flüssen und Bächen Wiesen dadurch entstanden, dass Landwirte sie regelmäßig mähten, um Grasheu als Winterfutter für das Vieh zu gewinnen.

Das Mittelalter: Das späte Mittelalter vom Ende des 14. bis in das 15. Jahrhundert brachte eine kurze Erholungspause für die Natur. Bevölkerungsrückgang durch Kriege, Hungersnöte und Pestzüge führte zu zahlreichen Wüstungen; allein in den ehemaligen Kreisen Meschede und Brilon lassen sich mehr als 80 Siedlungsaufgaben nachweisen. Felder fielen brach und der Wald drang wieder vor. Schon bald wuchs aber die Bevölkerung wieder. Die intensive Nutzung der Landschaft umfasste bis zum Ende des Mittelalters um das Jahr 1500 Ackerbau, Weidewirtschaft inklusive Eichelmast für Schweine, einige Mähwiesen, Imkerei sowie die Gewinnung von Holz, Eichenrinde zur Ledergerbung, Streu und Plaggen, außerdem den Erzbergbau. Flüsse und größere Bäche waren siedlungsnah zur Mühlennutzung oder auch als Fischteiche aufgestaut. Besonders begehrte Rohstoffe wurden fast bis zu ihrem Verschwinden ausgebeutet.

Die Düngung der Felder war wichtig und erfolgte mit fantasievollen Methoden. Die Viehställe wurden mit Laub oder anderen nicht nutzbaren Pflanzenteilen eingestreut, oft verwendete man auch ausgestochene Teile des Waldbodens mit seinem Bewuchs, die Plaggen. Vermischt mit Kot und Urin der Haustiere kam die Einstreu dann auf die Felder. Beim „Torfen“ verbrannte man zur Düngung Holz auf den Feldern. Allmählich sammelten die Äcker auf Kosten des Waldes immer mehr Nährstoffe an. Trotz des regionalen Holzmangels ging die Köhlerei im Süderbergland bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts weiter. Eine Spezialität des Siegerlands waren die „Hauberge“. Man schlug zunächst das Holz und brannte dann die Flächen zur Düngung ab. In die Asche wurde Roggen gesät. Nach ein bis zwei Ernten durfte das Vieh wenige Jahre weiden, dann ließ man den Stockausschlag der Baumstümpfe bis zur nächsten Holzernte ungestört wachsen und der Zyklus begann erneut.

Im 18. und 19. Jahrhundert war der Wald in Südwestfalen schließlich durch Übernutzung „verwüstet“: Bau- und Brennholz wurden knapp. Sauer-, Sieger- und Wittgensteiner Land zeigten sich in großen Bereichen kahl, riesige Heideflächen mit Wacholder, Birke, Ginster und Heidelbeere erstreckten sich über die hügelige Landschaft. Wehre stauten Bäche an und leiteten das Wasser über Grabensysteme auf das Grünland. So wurde der Boden im Frühjahr erwärmt und durch nährstoffreiche Feinsedimente gedüngt. In der „verwüsteten“ Landschaft gediehen einige heute seltene Arten wie Orchideen und Trollblume. Auerhuhn und Birkhuhn waren verbreitet, der Schwarzspecht dagegen fast verschwunden. Schlecht erging es den Großtieren. 1745 wurde der letzte Luchs Westfalens im Rothaargebirge erlegt, 1839 der letzte Wolf bei Schüllar, 1868 der letzte Biber an der Möhne. Der Rothirschbestand war im 19. Jahrhundert bis auf kleine Reste in Berleburg und im Arnsberger Wald vernichtet.

Das 19. Jahrhundert: Im 19. Jahrhundert erfolgten schließlich energische Aufforstungen von „Ödland“ – zu einem großen Anteil mit der schnell wachsenden, aber nicht einheimischen Fichte, außerdem eine weitgehende Trennung von Wald und landwirtschaftlicher Fläche. Weidetiere durften nicht mehr in den Forst und wurden vermehrt auf Standweiden gehalten statt gehütet. Es entstanden die heute noch typischen scharfen Grenzen zwischen Forst und Offenland. Dörfer und Städte wuchsen, im 20. Jahrhundert wurden mehrere Talsperren gebaut, außerdem Straßen und weitere Infrastruktur. Kalkabbau findet in riesigen Steinbrüchen auf dem Haarstrang, der Briloner Hochfläche und an der Hönne statt.

Die Landschaft Südwestfalens hat sich also in den letzten Jahrtausenden stetig verändert; Hauptursache war der wirtschaftende Mensch. Der aufmerksame Beobachter findet aber aus den verschiedenen Epochen Zeugnisse, die die Zeiten überdauert haben oder durch Maßnahmen des Naturschutzes wiederhergestellt wurden: Trockenrasen, kleine Moore, Weidelandschaften, Buchen-Hallenwälder, Kopfbäume, unbefestigte Flüsse, Trollblumenwiesen, Niederwälder und Hochheiden. Und – wer hätte das erwartet – sogar Biber und Wisent sind wieder da.